Liebe Ernteteiler*innen!
Der Vorteil an längeren Zugreisen (neben verträumt-aus-dem-Fenster-schauen): endlich Zeit zum Lesen, wofür am Abend der Kopf manches Mal schon zu müde ist. Und während vor dem Zugfenster nicht enden wollende Ackerflächen, Neubau-Siedlungen, riesige Bürokomplexe vorbeifliegen, lese ich einen Artikel von Ashley Dawson mit dem Titel „Attacke auf die Artenvielfalt“. Dort heißt es: „Die brutalen Widersprüche des kapitalistischen Systems, das auf einer unaufhörlichen, sinnlosen Expansion auf der Grundlage natürlicher Ressourcen basiert, werden immer offensichtlicher: Die Wälder, Berge und Ozeane des Planeten sowie die darin lebenden kostbaren und vielfältigen Lebensformen erleben das sechste Massenaussterben.“
Auch wenn das keine Neuigkeiten, und schon gar keine erfreulichen, sind, ist eine Auseinandersetzung fast unvermeidlich, wenn der Alltag einem so offensichtlich vor Augen führt, wie abhängig wir von natürlichen Ressourcen sind. Denn so viel wir auch an guter fachlicher Praxis in unsere gärtnerische Arbeit stecken: unsere direkte Umwelt mit ihren fragilen Beziehungen, zum Beispiel der Boden als komplexer Organismus, bleibt der größte entscheidende Faktor, um Jahr für Jahr das Land weiter bewirtschaften zu können. Und das zwingt uns dazu, mit dieser Ressource vorsichtig umzugehen – Boden kann nicht vermehrt werden, genauso wie fossile Brennstoffe endlich sind.
Auch wenn man genau wegen solcher Artikel oder generell der unaufhörlichen fatalen Nachrichtenlage den Kopf in den Sand stecken möchte, steht vieles auf dem Spiel und da, wo es sie gibt, müssen Kräfte gebündelt werden, gute Teams zusammenhalten. Auch der Artikel schließt mit der Perspektive auf die Landwirtschaft: „Da die Biodiversität in landwirtschaftlichen Ökosystemen gedeiht, die von Kleinbäuer*innen auf der ganzen Welt gepflegt werden, muss sich der Erhalt der Artenvielfalt mit Bewegungen verbinden, die sich für Agrarökologie und Ernährungssouveränität einsetzen.“
Während ich hier Zeit habe, das Gelesene mit euch zu teilen, wird am Hof fleißig dem Regen getrotzt und eine reiche, herbstliche Vielfalt geerntet. Hoffen wir, dass sich am 11.10. die Sonne zeigt, wenn wir gemeinsam das Herbstfest feiern!
Lieben Gruß,
Ulli
Genug:
Mangold
Tatsoi
Stangensellerie
Salat (süß/bitter)
Rote Rübe
Rucola
Karotte
Paprika
Melanzani
Gurke (letztes Mal)
Lauch
Zwiebel
Kürbis
Knoblauch
Kartoffel, speckig
Kartoffel, mehlig
Ein wenig:
Kräuter:
Sauerampfer
Petersilie glatt/krause
Peruanischer Salbei
Rau Răm (Vietnamesischer Koriander)
Zitronengras
KARFIOL ist das Gemüse der Woche! Auch so manches Kleingetier erfreut sich daran. Vor dem Kochen noch einmal gründlich waschen!
Peruanischer Salbei kann für fruchtige Tees oder traumhafte Speisen verwendet werden. Anders als der herkömmliche Küchen-Salbei verliert Peruanischer Salbei beim Kochen das Bittere.
Empfehlung: erst einmal 1-2 Blätter als Tee genißen, um das Aroma kennenzulernen, dann in diversen Speisen damit experimentieren. Leider haben wir heuer aber nicht mehr mehr davon.
Rau Răm (Vietnamesischer Koriander) eignet sich am besten für kalte Speisen oder Getränke. In warmen Gerichten erst ganz am Ende, nahezu roh, hinzufügen. Das Aroma verfliegt beim Erhitzen leicht.
Zitronengras in Suppen/Saucen mitgekocht oder als Tee/Kaltaufguss genießen.
Die Melanzani profitieren gerade von den kalten Nächten, auch die Paprika legen gerade gut nach. Sehr zu empfehlen: die kleinen Bratpaprika (großteils milde ‚Shishito‘ und scharfe ‚Padron‘) – scharf angebraten in der Pfanne mit grobem Meersalz.
Diese Woche gibt es wieder Kürbis. Zur Entnahme kommen heute vor allem jene Exemplare, die schlecht lagerfähig sind (kleine Schäden, nicht ausgereift oder zu klein). Etwaige schlechte Stellen ausschneiden und am Besten bald verbrauchen.
Wir haben heute die Reste vom aktuellen Salatsatz geerntet. Daher gibt es eine Mischung aus unterschiedlichen Sorten und teils auch recht kleine Salate. Ausserdem haben mehrere Salate leichte Raupenschäden und sollten schnell verbraucht werden.
Unser Knoblauch hat beim trocknen einen Sonnenbrand bekommen. Dadurch sind einige der Zehen etwas weich und gelb (das nennt sich ‚waxy breakdown‘) und sollten zügig verbrauch werden.
Die Paradeiser sowohl im Tunnel als auch im Freiland gehen ihrem Ende zu. Ein klares Zeichen, dass der Sommer so gut wie vorbei ist…